about
Mag. Aleth Schreder
Born. 05.06.1954 in Vienna
Degree in sculpturing and graphic design of the Vienna University of Applied Arts Awards & Exhibitions
Works in steel and moving mechanisms
Costume design Serapionstheater and Ensembletheater Vienna
Design for furniture & interio design
Objects
Jewelry design
Lythographie
Paints and lives in Vienna
Die Wahrheit ans Licht bringen
Zum künstlerischen Werk von Aletheya Schreder
In Aletheya Schreders komplexes Gebäude von Ideen und Gedanken und deren künstlerischer Umsetzung einzutauchen, ist wie ein Sich-Verlieren in einem fantastischen Roman. Da und dort tauchen Fragmente faktischer Realität auf, die sich in unerwartetem Zusammenhang zu Ausschnitten einer anderen Wirklichkeit formieren. Kaum glaubt man die neue Erfahrung erfasst zu haben, eröffnet sich ein weiterer Raum dahinter, ein Schritt ergibt den nächsten in einer unablässigen Folge von überraschenden Wahrnehmungsebenen.
Es sind die Fragen nach den großen Zusammenhängen, denen Aletheya Schreder in ihrer Kunst nachgeht. Der makroskopische Blick ins Weite, Ferne, Unbekannte ebenso wie der mikroskopische ins ganz Nahe, ins Innerste – und nichtsdestoweniger ebenso Unbekannte. Vielleicht hat es ja mit ihrem Vornamen zu tun: Aletheya – die Wahrheit, die Unverborgenheit, das Sich-Klären. Vielleicht resultiert daraus ihre Suche nach den Grundlagen des menschlichen Daseins, nach der Basis dessen, was uns ausmacht in unserer Fragilität und Verletzbarkeit, in unserer scheinbaren Unbedeutung und Unsichtbarkeit in den Weiten des Universums.
Diese Fragen nach den Grundbedingungen menschlicher Existenz liegen jeglicher Wissenschaft und Kunst zugrunde. Die Philosophie versucht auf theoretischen, abstrakten Wegen zu erkunden, was die Kunst in sinnlich-sichtbarer Weise deutlich zu machen versucht. Aletheya Schreder reflektiert die unendlich vielen Ebenen von Physis und Metaphysik und die zahllosen Wege zu deren Erkenntnis in durchsichtigen Gespinsten, die manifest sind und mit ihren transparenten Schichten und Oberflächen dennoch auf eine unendliche Transzendenz verweisen.
Die Bilder und Objekte, die sie aus unterschiedlichen Materialien entwirft und realisiert, stehen für sich und beziehen doch immer auf irgendeine Weise ihre Umgebung mit ein, indem sie diese in ihrer Sichtbarkeit Teil des Kunstwerks werden lassen. Ihr Atelier präsentiert sich in diesem Sinn als eigener Kosmos irgendwo in der Schwerelosigkeit zwischen Idee und Stofflichkeit. Jeder Gedanke, jedes Gefühl, das der künstlerischen Transformation für wert befunden wird, scheint sich selbst den adäquaten Ausdruck zu suchen. Aletheya Schreder folgt dieser Suche, indem sie experimentiert, Unerforschtes ausprobiert und sich dabei immer wieder anderer Werkzeuge und Hilfsmittel bedient. In der Sprache der Kunst: das Repertoire ihrer Materialien ist ebenso unerschöpflich wie deren mitunter unkonventioneller Einsatz.
Einmal ist es die Ölfarbe auf der Leinwand, dann die Lithografie auf Papier oder, wie zuletzt in einer Serie, die in New York entstanden ist, auf Mylar-Folie. Für die 25 Drucke in verschiedenen Farbversionen entwickelte sie eine ganz eigene Technik, den Stein zu bearbeiten, um dem Gefühl der Bewegung, des Drehens, Wirbelns, Stockens, Wiederbeginnens Ausdruck zu verleihen. „Die Dimension Zeit lässt uns ein Gefühl des Fließens, des Verstreichens erleben“, erklärt sie. „Durch meine Lithografien, die zum Teil beidseitig auf glasklarem Mylar gedruckt sind, konnte ich unser Sein im Kosmos, unser geistiges Verbundensein mit der Materie formulieren.“
Der spontan geplante und kurzfristig organisierte New York-Aufenthalt Anfang 2015 war als Test gedacht, wie sich das Verlassen der gewohnten Lebensumstände auf die künstlerische Arbeit auswirken würde: „Sich in einen anderen Lebensraum zu versetzen – simpel ausgedrückt: aus der Komfortzone heraustreten – unter der Bedingung, die künstlerische Arbeit fortzusetzen, lässt einen körperlich spüren, welche Gewohnheiten uns Sicherheit und Stütze bieten – aber auch verkrusten. Diese Irritation wahrzunehmen und die ungetrübte Neugierde als Nahrung anzunehmen, das hat mich an die altvertraute, fast vergessene Stimmung erinnert, als durch Neugierde angetrieben alles möglich war.“
Wenn die zweidimensionalen Mittel der bildenden Kunst nicht ausreichen, um einem Gedanken Form zu geben, kann das Papier, zum Objekt geformt, ein Eigenleben eingehaucht bekommen. Ein altes Seidengewand, mit Ölfarbe bemalt, scheint im Raum zu schweben und gibt diesem neue Struktur. Transparente Folien aller Art werden mit hauchfeinen Fäden verknüpft, vernäht, verbunden. Einer Serie dienen als Ausgangspunkt Röntgenbilder, die in quasi-architektonische Zusammenhänge eingebunden werden und deren medizinischer Blick ins Innere des menschlichen Körpers dadurch in ästhetische und philosophische Dimensionen erweitert wird. Heute kann es eine Jalousie sein, die bemalt, zerkratzt, aufgeraut und zum vielseitig veränderbaren Bild wird, morgen kommt die Inspiration für ein Objekt vielleicht durch Baustahlgitter oder Garnfäden, übermorgen entsteht die Idee einer fantastischen Weltenmaschine, zu deren Realisierung andere Künstlerinnen und Künstler mit eingeladen werden.
„Mein Hauptthema ist die Vielschichtigkeit unseres Daseins“, versucht Aletheya Schreder ihre Arbeit in Worte zu fassen und selbst einen roten Faden durch ihr vielseitiges Œuvre zu ziehen. „Es ist der Versuch, in der Transparenz meiner Werke ein Nachsinnen über die Lebensthemen zuzulassen.“
Maria Rennhofer
In Schwebe gehalten – zu den Arbeiten von Aletheya Schreder
Aletheya Schreder ist eine vielseitige Künstlerin, die sich so leicht nicht einordnen lässt. Gleichzeitig bildet das Thema Vielschichtigkeit so etwas wie den roten Faden in ihrer Kunst. Sie bemalt Stoffe, die sie, losgelöst von der Wandfläche mitten in den Raum hängt, und industriell gefertigte Jalousien, die ein mehrseitiges Bild ergeben und die sie zu Raumsegmenten zusammenfügt. Sie näht luftige Gebilde aus Musselin und baut fragile Räume, ähnlich Architekturmodellen, um Röntgenbilder. Die Technik der Lithografie interessiert genauso wie die raumbezogene, größere Installationen.
Künstlerisches Gestalten bedeutet, für einen Gedanken, eine Idee, ein Anliegen, ein inneres Bild, einen Eindruck die entsprechende Form, den entsprechenden Ausdruck zu finden.
Die Künstlerin ist voller Ideen und innerer Bilder, die zu Beginn oft nicht mehr als eine Stimmung, ein Gefühl sind, die sich nach und nach in ihr ausbreiten und schließlich in ihrer Vorstellung konkret Gestalt annehmen. Sie tastet sich an unterschiedliche Materialien heran, experimentiert und probiert aus, bis sie das richtige Material, die richtige Ausdrucksform gefunden hat. Immer wieder greift sie zu Materialien, die ihrer Suche nach Transparenz und dem Spiel von Licht und Schatten entgegenkommen, durchscheinende Stoffe, Glas, Plexiglas, Röntgenfotos, Fäden, Drähte, PVC-Jalousien.
Der Schaffensprozess als Übersetzungsprozess. Eindruck und Ausdruck finden im fertigen Kunstwerk eine Übereinstimmung und ein neues Ganzes entsteht.
In jedem Kunstwerk sind in irgendeiner Form die vorangegangenen und die zukünftigen enthalten, die Summe ergibt „das Werk“. Es lässt sich ein „roter Faden“ finden, manchmal sichtbar, manchmal verborgen. Eines ergibt das andere. Ideen, Formen, Material werden immer wieder aufgegriffen, verändert, neu komponiert.
Für mich sind ihre Arbeiten auch der Versuch, „Nicht-Sichtbares“ zu visualisieren, Ereignisse, Prozesse und Zeitabläufe zu erfassen, wie in den Gedankenwelten Mechanismen. Ein räumliches und zeitliches „Davor und Dahinter“ zu zeigen. Zwischen Sichtbarmachen und Verbergen, Zeigen und Verhüllen. Vergehen und Werden.
Sie hat eine ganz eigene Art und Weise des Darstellens, die auf nicht unmittelbar im Objekt sichtbares verweist. Etwas wird in Schwebe gehalten. Die Betrachter werden nicht vor vollendete Tatsachen gestellt, sondern sind zur Bewegung eingeladen – im Sinn des Architekten Friedlich Kiesler: „Raum ist nur für denjenigen Raum, der sich in bewegt“. Immer ist der Umraum Bestandteil der jeweiligen Arbeit, Kunst und Alltag sind auf diese Weise verwoben. Die Wahrnehmung des Raumes und des Kunstwerks überlagern einander.
Sie erschafft dreidimensionale Gebilde in unterschiedlichen Formen aus Stoff, Drähten, Fäden, Licht und Schatten, in den Raum gestellt oder gehängt. Dadurch ergibt sich permanente Bewegung und Veränderung von Farbe, Licht und Schatten. Sie arbeitet in den Raum und mit dem Raum.
Etwas Stilles, Poetisches, und Sinnliches umgibt die Objekte, Bilder und Installationen.
Brigitta Höpler